Sam Francis

1923 geboren in San Mateo / CA
1994 gestorben in Santa Monica / CA, USA

Sam Francis

1923 geboren in San Mateo / CA
1994 gestorben in Santa Monica / CA, USA

Persönliche Daten

1941 Studium der Botanik, Medizin und Psychologie an der Universität von Kalifornien, Berkeley
1943-45 Militärdienst
1949 Bachelor of Arts (Kunstgeschichte)
1950 Master of Arts, Universität von Kalifornien, Berkeley
1950 Umzug nach Paris
1962 Großer Preis 3rd International Biennal Exhibition of Prints in Tokyo
1962 zieht nach Santa Monica, Kalifornien
1968 Ehrendoktor der Universität von Kalifornien, Berkeley
1989 Aufbau der Sam Medical Foundation

Zum Werk

„Sam Francis’ Malerei ist ein Komplex von Bewegungen, der gleichzeitig Zufall und Genauigkeit, Initiative und Reflexion mit einbezieht.“1
„Farbe ist für mich die wahre Substanz, der wirkliche Untergrund, den Zeichnungen und Linie nicht hergeben.“2


Sam Francis ist für seine abstrakten, gestisch gestalteten und farbkräftigen Bilder bekannt. Nach 1945 entstehen Bilder, die zum Teil noch starke Anlehnungen an Joan Miro zeigen, der den Künstler nachhaltig faszinierte. In den 1950ern macht er zuerst monochrome Arbeiten mit Eitempera oder Acryl auf Papier. Geprägt vom abstrakten Expressionismus eines de Kooning, Pollock und Clyfford Still löst sich in seinen Werken das Motiv fast vollständig auf zugunsten einer expressiven, freien Farbgestaltung.
Francis interessiert vor allem das Nachaußenkehren einer psychischen Ebene und die Macht der Bilder, Emotionen hervorzubringen, sowohl beim Betrachter, als auch beim Künstler selbst – was sich auch in seinem spontanen und intuitiven malerischen Vorgehen widerspiegelt: Unbewusstes wird zugelassen und gewinnt an Bedeutung. Seine Bilder werden damit zu einer Art Fingerabdruck der Seele.

Im Laufe seines Schaffens experimentiert er immer wieder mit neuen Ausdrucksformen und Kompositionen. Die unterschiedlichsten Farbvariationen im räumlichen Kontext prägen den vielfältigen Charakter seiner Werke. Eine seiner bekanntesten Serien sind die „biomorphen Bilder“ (1960 - 1963), auf denen Farbgebilde zu sehen sind, die stark an Mikroorganismen unter einem Mikroskop erinnern, wie zum Beispiel beim Werk „Ohne Titel“ von 1962 aus der Sammlung Essl: Die runden, geschlossenen Zellen treiben vor großflächigem, hellem Hintergrund. Belebt wird die Bildfläche durch ein blaues, dynamisch gestaltetes Gebilde in der oberen Ecke, bei dem die Grenze zwischen Farbe und Raum zu verschwimmen scheint.3 Eine Sonderform der biomorphen Bilder stellen die sogenannten „Blue Balls“ dar, ballonartige, blaue und luftige Farbgebilde, die vom Weiß der Leinwand hinterfangen werden und ebenfalls ab den 1960er Jahren entstehen.

Die helle Grundierung der Leinwand gewinnt in Francis’ Werken nach und nach als Raum für die Farbe an Bedeutung. Die weiße Fläche wird explizit miteinbezogen in der „Edge-Paintings“-Serie. Auf dem Bild „Ohne Titel“ von 1968 wird der sonst so mittig fokussierte Blick des Betrachters auf die äußeren Ränder der Leinwand gelenkt, die nur noch Spuren des eigentlichen Bildes preisgeben. Sie sind Referenten eines Bildes, das es so nicht (mehr) gibt. Es wird ein leerer Raum hinterlassen, den wir lediglich mit unseren Vorstellungen füllen können.
“The space at the center of these paintings is reserved for you”4

In den 1980ern gelangt er zu einem dynamischen Rhythmus. Im Experiment mit dem Fließen der Farbe, durch Kleckse, Spritzer, Tropfen und kalkuliert gezogenen Linien wird der am Boden liegende Bildträger zu einem bunten, leuchtenden Gemälde. Francis lässt die Farben direkt von dem Holzstab, mit dem er sie angerührt hatte, auf den Bildträger tropfen. Andere Werke werden mäanderartig von zum Teil aus der Tube gedrückten Farbsträngen durchzogen und vermitteln eher einen pastosen Eindruck. Zusätzlich lässt sich bei Francis’ Malweise der späten 1980er Jahre eine Affinität zur japanischen Malerei beobachten. Kalligraphien ähnelnd kombiniert er Primärfarben und Schwarz dominierte malerische Kürzel zu einer homogenen Form.

Im Spätwerk fließen die Farben immer mehr zu einem bunten Gewebe ineinander, welches auf der ungrundierten Leinwand zu schweben scheint. Seine Farbkompositionen vermitteln den Eindruck von Leichtigkeit, Harmonie und optischem Erlebnis. Vertretend für diese Phase sei hier sein farbig leuchtendes Werk „Peace Rolls on“ (1990) aus der Sammlung Essl erwähnt, welches mit seinen flüssigen Farbseen und schwungvollen Farblinien den spontan intuitiven Farbauftrag besonders gut verdeutlicht.

Kim Kannler und Elisabeth Pokorny-Waitzer
1) Pontus Hulten in: Sam Francis. Retrospektive, Kunst- und Ausstellungshalle, Bonn 1993, S. 25.
2) Knud W. Jensen zitiert Sam Francis, in: Sam Francis. The Shadow of Colors, AK Kunstverein Ludwigsburg, 1995, S. 8.
3) Abb. siehe: Sammlung Essl. The First View, AK Essl Museum, Klosterneuburg, 1999, S. 170.
4) Sam Francis. Retrospective in Blue, AK Danubiana Meulensteen Art Museeum, Bratislava, 2010, S. 20.
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