Arnulf Rainer

1929 geboren in Baden bei Wien
Lebt und arbeitet in Wien, Oberösterreich und auf Teneriffa

Arnulf Rainer

1929 geboren in Baden bei Wien
Lebt und arbeitet in Wien, Oberösterreich und auf Teneriffa

Persönliche Daten

1949 Matura in Villach. Verlässt die Hochschule für angewandte Kunst aufgrund einer Kontroverse mit dem Lehrer bereits am ersten Studientag. Danach Aufnahme an der Akademie der bildenden Künste in Wien, die er nach drei Tagen ebenfalls verlässt.
1950 Mitbegründer der „Hundsgruppe“ (mit Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Arik Brauer, Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky und Josef Mikl)
1951 erste Reise nach Paris mit Maria Lassnig (Besuch bei André Breton)
1956 Mitbegründer der Gruppe „Galerie St. Stephan“
1957 Mitglied der Wiener Secession
1972 und '77 documenta 5 und documenta 6, Kassel
1978 Großer Österreichischer Staatspreis für Malerei
1978 und '80 Vertritt Österreich bei der Biennale Venedig
1982 documenta 7, Kassel
1981-95 Professor an der Akademie der bildenden Künste, Wien
1993-96 Arnulf Rainer Museum, New York
2003 Rhenus-Kunstpreis für das Gesamtwerk, Mönchengladbach
2004 Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Katholische Fakultät der Universität Münster
2006 Verleihung des Ehrendoktorats der Theologie von der Kath.-Theol. Privatuniversität Linz
2009 Eröffnung des Arnulf Rainer Museums in Baden bei Wien

Zum Werk

„Ich sehe bei einem Bild sofort immer nur die schlechten Stellen, zumindest, wenn ich für das Objekt Sympathie empfinde... Diese, die schwachen Stellen, zu vertuschen, eine nach der anderen so lange zu verdecken, bis ich nichts mehr sehe, hat mich zu den Übermalungen geführt. Also Liebe und Vervollkommnungsdrang. Ich wollte noch schönere Kunstwerke daraus machen, auch wenn das Bild ganz schwarz ist, denn die Übermalung bildet eine neue, eigene visuelle Struktur, und wieder gibt es schwache Stellen, Schwarz in Schwarz. So höre ich nie auf, meine eigenen Bilder zu bearbeiten.“1

Nach surrealistischen Anfängen reist Arnulf Rainer, bei dem jeder Versuch, sich den Strukturen eines Akademiebetriebes unterzuordnen, spätestens nach drei Tagen fehlschlägt, 1951 gemeinsam mit Maria Lassnig nach Paris und experimentiert zunächst mit „Blindmalerei“. Dieses Malen mit geschlossenen Augen führt ihn zu Arbeiten, in denen er die Oberfläche verdichtet oder die Ausdruckskraft von Linien durch ständiges Überzeichnen steigert. Diese frühen, spontan und rasch gezeichneten „Zentralisationen“ und „Vertikalgestaltungen“ werden Mitte der 1950er Jahre von fast monochromen Übermalungen abgelöst. Es entstehen dunkle Bilder, oft in Kombination mit der Kreuzform, die im Gegensatz zum extrovertierten, aggressiven Frühwerk durch einen langsamen, verinnerlichten und meditativen Farbauftrag gekennzeichnet sind. Verdunklung und Auslöschung stehen nicht nur für das Destruktive, sondern auch für das Verinnerlichte, für Askese und Stille.
Das Kreuz als formales Element wird bei Arnulf Rainer zum zentralen Motiv einer informellen und spontan aus dem Unterbewusstsein schöpfenden Malweise. In den 60er und 70er Jahren werden die Übermalungen, für die er auch Fotos, Grafiken und fremde Kunstwerke benutzt, exzessiver und brechen mit dem verinnerlichten Malakt. Aufgrund seines Interesses an verschiedenen Aspekten der Körpersprache beginnt Rainer mit Grimassenfotos aus dem Automaten zu arbeiten, die zur Akzentuierung des Audrucks übermalt und überzeichnet werden. Diese „Face Farces“ zeigen eine übersteigerte, grimassenhafte Expression, wobei Rainers Ausdrucksgebärden die gesamte Skala menschlicher Ausdrucksmöglichkeiten umfassen. Darüber hinaus setzt er verstärkt den eigenen Körper ein und malt mit den Händen.
Persönliche Grenzerfahrungen wie das Arbeiten bis zur völligen Erschöpfung, Bewusstseinserweiterung mit Hilfe halluzinogener Drogen und die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten, mit Themen, wie Blindheit, Auslöschung und Tod sowie mit Geisteszuständen psychiatrischer Patienten sind wesentliche Ausgangspunkte Rainers.

In den 90er Jahren tritt das Schwarz zugunsten einer subtilen Farbigkeit zurück, als hätte Rainer von der Verdunkelung in das Licht gefunden. Transparenz und Zartheit der lasierenden Farben stehen dabei oft in Kontrast zu den groben, mit Meißel, Schrotflinte oder auch Schwingschleifer erzeugten Strukturen, wie in der Serie „Mikrokosmos – Makrokosmos“. In den „Schleierbildern“ hingegen weicht der expressive Körpereinsatz ganz dem ruhigen, malerischen Farbauftrag. Die Farbe fließt in breiten Bahnen über die Leinwand und überzieht kleine Engelsfiguren, Madonnenbilder oder Gestalten aus der Kunstgeschichte mit hauchdünnen, lasierenden Schichten.

Ausgelöst durch die regelmässigen Winteraufenthalte auf Teneriffa und auch aufgrund seines fortgeschrittenen Alters, wendet sich Rainer in den letzten Jahren verstärkt der Fotografie zu. Er bezeichnet seine Produkte selbst als „Malerfotografie“, da sie sich durch besondere, verschwommene Farbflecken auszeichnen, die er in seine Aufnahmen „hineinzaubern muss“2. Die 6-teilige Serie „Diven“ von 2008 besticht durch verdeckende Farbschleier und partiell verzerrte Gesichtszüge, sodass die ursprünglichen Divenportraits kaum mehr auszumachen sind. Rainer entwickelte für sich eine sehr subjektive Fotografie, indem er durch transparente Farbfolien, die vor das Objektiv gehalten werden, eine bestimmte Lichtbrechung erzeugt. Zusätzlich arbeitet er mit Parafotografien, das heisst vorhandene Fotos werden nochmals abfotografiert, wobei er das Abbild durch seinen persönlichen Farbfilter nochmals verändert.

Trotz des ständigen Wandels bleiben zwei Komponenten in Arnulf Rainers Werk konstant: Impuls und Korrektur, Verdeckung und Enthüllung, Schwärzung und Erleuchtung.

Karin Altmann
1) Arnulf Rainer, zit. nach Werner Hofmann: „Jenseits des Schönheitlichen“, in: Arnulf Rainer. Verdeckt – entdeckt, Galerie Ulysses, Wien, 1987, S. 42-48, hier S. 42.
2) Arnulf Rainer, in: Carl Aigner (Hg.), Arnulf Rainer. „Ich muss diese Farbflecken hineinzaubern…“, EIKON Sonderdruck #7, Wien, 2007, S. 4.
Arnulf Rainer im Schömer-Haus, 20041 / 6
Blaues Kreuz2 / 6
Vertikalgestaltung3 / 6
Übermalung4 / 6
Engel5 / 6
Diven6 / 6

Ausstellungsbeteiligungen

Impressum