Cindy Sherman

1954 geboren in Glen Ridge / NJ, USA
Lebt und arbeitet in New York, USA

Cindy Sherman

1954 geboren in Glen Ridge / NJ, USA
Lebt und arbeitet in New York, USA

Persönliche Daten

1972-76 Studium am State University College in Buffalo, New York; BFA
1977 Umzug nach New York

Zum Werk

Die US-amerikanische Fotokünstlerin Cindy Sherman ist vor allem für Fotoserien bekannt, bei denen sie mit Hilfe von Verkleidungen, Schminkspielen und schaurigen Inszenierungen in unterschiedlichste Rollen schlüpft. Dabei agiert sie zugleich vor wie auch hinter der Kamera: als Regisseurin, Fotografin und Hauptdarstellerin. Das Resultat ist ein Bildkosmos voller genüsslich inszenierter Täuschungen und Maskeraden, in welchem sich die Künstlerin konzeptuell mit Fragen der Identität, Rollenbilder, Körperlichkeit und Sexualität beschäftigt.

Auch wenn Shermans künstlerische Arbeit deutlich von ihrer persönlichen Lust an Verkleidung und Verstellung geprägt ist, begreift sich die Künstlerin immer nur als Darstellerin ihrer fotografischen Inszenierungen, bei denen es nicht um die Person Cindy Sherman geht. Das gilt bereits für die „Untitled Film Stills“ (1977-1980), eine Serie von Schwarzweiß-Fotografien, mit der sie zum ersten Mal international Aufmerksamkeit erregt. In ihnen stellt Sherman fiktive Filmszenen nach, die an B-Movies der 1950er Jahre erinnern und inszeniert sich dabei selbst in klischeehaft weiblichen Posen um die mediale Konstruktion von Frauenbildern zu hinterfragen.
In den darauf folgenden „History Portraits“ (1988-1990) untersucht Cindy Sherman erneut die Rollenverteilung in der Gesellschaft und rechnet gleichzeitig mit der europäischen, männlich geprägten Kultur und Kunstgeschichte ab. Als Rubens' Isabella Brandt oder Caravaggios Kranker Bacchus inszeniert sich Sherman in der Manier alter Meister und kombiniert innerhalb dieser überzeichneten, fast bis an die Grenze der Karikatur reichenden Nachstellungen, ihren Körper zum ersten Mal mit Prothesen.

Cindy Shermans Interesse am fragmentierten weiblichen Körper, am Grotesken und Unheimlichen führt in den folgenden Jahren dazu, dass sie sich als Darstellerin immer mehr aus ihren Bildern zurückzieht und stattdessen Puppen und Prothesen einsetzt. So arrangiert die Künstlerin z.B. in der „Disasters“-Serie (1986-1989) Kunstglieder, verrottende Nahrungsmittel, Körperausscheidungen, Erde und Abfall zu grotesken Studien des Verfalls oder in den „Sex Pictures“ (1992) Prothesen, anatomische Modelle und Schaufensterpuppen, die sexuelle Handlungen simulieren.

Auch in neueren Arbeiten, wie etwa den „Clowns“ (2004), findet das Unbehagen eine subtile Fortsetzung. Diesmal inszeniert sich die Künstlerin wieder selbst. Mit Clownmasken, Kostümen und einem Ausdruck, der jedes Lächeln langsam gefrieren lässt, zeigt sie sich vor einem grellbunten, psychedelischen und computergenerierten Hintergrund; und Dank digitaler Technik sogar mehrmals in einem Bild.

In Shermans aktuellster Werkgruppe von 2008, die erneut durch eine bis ins Detail kompositorisch und technisch präzise Umsetzung besticht, stehen nun die so genannten Damen der besseren Gesellschaft auf dem Programm. Nach dem Vorbild repräsentativer Auftragsportraits zeigt Sherman Frauen, deren „beste Jahre“ bereits vorbei sind und die sich krampfhaft hinter Fassaden des Glücks, Erfolges, Reichtums und vor allem hinter schichtweisem Make-up, künstlicher Bräune und betont jugendlichem Styling verstecken. Die riesengroßen Fotografien zeigen jedoch gnadenlos die Spuren des Alters und das Bröckeln dieser künstlichen Fassaden.

„Eine bestimmte überdrehte Hässlichkeit hat mich immer schon fasziniert. Dinge, die als unattraktiv und nicht begehrenswert empfunden werden, waren für mich besonders interessant. Und ich finde diese Dinge auch wirklich schön.“1
1) Zit. Cindy Sherman, in: Grosenick, Uta (Hrsg.): Women Artists – Künstlerinnen im 20. und 21. Jahrhundert, Köln: Taschen Verlag, 2005, S. 302.
Karin Altmann
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