Der bedeutende deutsche Kurator, Museumsdirektor, Sammler und Galerist René Block wurde von Agnes und Karlheinz Essl eingeladen,
eine Ausstellung aus den Beständen der Sammlung Essl zu kuratieren. Mit >EINE KLEINE MACHTMUSIK... Bericht aus dem Depot<
will Block nun die Ohnmacht des Kurators vor der Macht der Bilder demonstrieren.
Der Schwerpunkt liegt auf den künstlerischen Tendenzen im Österreich der 1960er, Wiener Aktionismus, Avantgarde und deren
Ausläufer.
René Block hat bereits viele Rollen in der internationalen Kunstwelt vereint, und seine Vita beinhaltet die wesentlichen Eckpunkte
der jüngeren deutschen Kunstgeschichte, an denen er maßgeblich beteiligt war. Schon als 22-Jähriger eröffnete er in Berlin
seine erste Galerie mit der Ausstellung „Neodada, Pop, Decollage, Kapitalistischer Realismus“. 1974 rief Block unter der New
Yorker Adresse 409, West Broadway in Soho eine Galerie ins Leben. Er startete mit einer Aktion von Joseph Beuys mit dem Titel
„I like America and America likes me“, bei der sich Beuys vier Tage lang mit einem Kojoten zusammen in der Galerie einschloss
- was einem Grenzgang seiner physischen und psychischen Belastungsfähigkeit gleichkam. Wenngleich sich René Block in seiner
New Yorker Galerie vorrangig den Fluxus-Künstlern widmete, konzipierte er 1977 dort eine Ausstellung mit dem Titel „The spirit
of Vienna“, in welcher Werke österreichischer Künstler den Schwerpunkt bildeten.
Mit vielen dieser österreichischen Künstler, die Österreich in den 1960er- und 1970er-Jahren verlassen mussten und in Westberlin
ein Exil gefunden hatten, gab es Berührungspunkte, so lebte Block ein Jahr lang mit H.C. Artmann in einer Wohngemeinschaft
in Berlin. Im selben Haus hatte sich auch Christian Ludwig Attersee eingemietet. Häufiger Gast war Gerhard Rühm, mit dem Block
bei Ausstellungen und Soiréen eng zusammenarbeitete. Block hat später die „Art Cologne“ mitbegründet, hat Biennalen in Sydney
und Istanbul kuratiert, lange Jahre die Kunsthalle Fridericianum in Kassel sowie Galerien in Deutschland und New York geleitet.
Nicht zuletzt gilt er als einer der bedeutendsten Förderer der deutschen Fluxus-Bewegung und hat Konzerte, Aktionen, Performances
und Happenings mit Künstlern der internationalen Fluxus-Bewegung veranstaltet. Schon früh entdeckte er Künstler, die heute
Rang und Namen haben wie Gerhard Richter, Joseph Beuys, Nam June Paik und Sigmar Polke. Seit Jahren liegt ein kuratorischer
Fokus von René Block auf dem südosteuropäischen Raum und der Türkei; seit 2004 ist er auch Jurypräsident des Essl Art Award
CEE.
Block thematisiert mit seiner Ausstellung im Essl Museum die ihm bekannte Rolle des Kurators, der anhand der Bilderflut eine
Ohnmacht verspürt. Vor diesem Hintergrund nähert er sich einem Thema, das lange ein weißer Fleck auf seiner eigenen Kunstlandkarte
war, wenn er im Depot des Essl Museum erkundet, was in der österreichischen Avantgarde der 1960er Jahren geschah. Block stand
damals im Zentrum der Fluxus-Bewegung in Deutschland, wo sich die Nachkriegskunst völlig anders als in Österreich entwickelte.
„Es ist wie ein Eintauchen in ein unbekanntes Gewässer. Ich spreche hierbei nicht von dem Ozean der globalen Kultur, nicht
von einem klaren Bergsee einer strengen Konzeption, sondern eher von einem durch einen Staudamm geschaffenen See, der sich
durch Zufluss ständig vergrößert hat und sich weiterhin ausdehnt, der Tiefen und Untiefen hat. Ich spreche von der vermutlich
größten österreichischen Privatsammlung. Taucht man in dieser bis auf den Grund, so finden sich da eine Reihe von möglichen
Ansätzen für eine Ausstellung. Wenn ich die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts wählte, dann auch, weil in der Zeit mein
Interesse und Engagement mit Kunst beginnt. Wenn ich die sechziger Jahre der österreichischen, der Wiener Kunst als Ausgangspunkt
wählte, dann auch, weil ich mich endlich mit dieser wichtigen künstlerischen Parallelwelt zu meiner bisherigen Praxis intensiver
beschäftigen kann“, so René Block.
Blocks Auswahl konzentriert sich auf die Wiener Avantgarde der 1960er Jahre mit Arnulf Rainer, Oswald Oberhuber, Maria Lassnig,
den Wiener Aktionisten Günter Brus, Otto Muehl und Hermann Nitsch. Sie stehen im Zentrum der Ausstellung, die den Bogen über
Künstler wie VALIE EXPORT/Peter Weibel, C.L. Attersee, Franz West, Bruno Gironcoli, Gerhard Rühm und Rudolf Schwarzkogler
bis zu Erwin Wurm schlägt.
Die heute über 7.000 Werke umfassende Privatsammlung von Agnes und Karlheinz Essl gibt einen einzigartigen, von Sammlerleidenschaft geprägten Überblick über die internationale Kunst der Gegenwart. Seit der Eröffnungsausstellung >The First View< von Kurator Rudi Fuchs im Jahr 1999 wurden immer wieder internationale Kuratoren eingeladen, Ausstellungen aus der Sammlung Essl zu kuratieren. Zuletzt bekam 2010 der deutsche Künstler Albert Oehlen eine Carte blanche für eine Sammlungsausstellung.