VISIBLE MUSIC

Gegenwärtige Klaviermusik von Dieter Schnebel, Adriana Hölszky, George Crumb, Mark Applebaum und Beat Furrer

VISIBLE MUSIC

Gegenwärtige Klaviermusik von Dieter Schnebel, Adriana Hölszky, George Crumb, Mark Applebaum und Beat Furrer
Mi, 17.10.2007, 19:30 Uhr

Essl Museum

Die aus London gebürtige Carol Morgan inszeniert diesen Klavierabend: Musik und Theater verbinden sich hier zu einer spartenübergreifenden Performance. Vertrautes und Fremdes, Nahes und Fernes werden zu einem fein gesponnenen Klanggewebe verknüpft, in dem die reichen Nuancen des Klavierklanges auslotet werden.
Carol Morgan: Klavier


Programm

Dieter Schnebel: Espressivo - Musikdrama für einen Pianisten
Adriana Hölszky: Hörfenster für Franz Liszt
George Crumb: Five Pieces for Piano
Mark Applebaum: Disciplines for Piano
Beat Furrer: Voicelessness. The Snow Has No Voice


Die aus London gebürtige Carol Morgan inszeniert diesen Klavierabend als "dramma per musica": Musik und Theater verbinden sich hier zu einer spartenübergreifenden Performance. Vertrautes und Fremdes, Nahes und Fernes werden zu einem fein gesponnenen Klanggewebe verknüpft, in dem die reichen Nuancen des Klavierklanges auslotet werden. Die szenische Gestaltung dieses Abends erfolgte in Zusammenarbeit mit Helfrid Foron.


Carol Morgan

Carol Morgan wurde 1942 in Farnborough/Hampshire geboren. Zuerst studierte sie am Royal College of Music London bei Angus Morrison, anschließend bei Jürgen Uhde in Stuttgart und bei Alfons Kontarsky in Köln. Während der Studienzeit in Stuttgart begann Carol Morgan, im dortigen „ensemble für neue musik“ zu spielen. Diese Tätigkeit führte zu engen Kontakten mit zahlreichen jungen Komponisten und zur langjährigen Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik als Solopianistin und in verschiedenen Ensembles.

Seit 1985 lebt Carol Morgan in Wien; von 1987 bis 1992 war sie Pianistin des Ensembles „Klangforum Wien“.Seitdem tritt sie vorwiegend mit Soloprogrammen, als Liedbegleiterin und in Kammermusikensembles auf. Schwerpunkt dabei bildet das Repertoire des 20. und 21. Jahrhunderts. Seit 1990 spielen auch Live-Elektronik und Veränderung des Klavierklangs in Echtzeit eine zunehmende Rolle in ihrem Repertoire. Seit 2002 erweitert sie die Gestaltung der Konzertprogramme um szenische, gestische und räumliche Wahrnehmungsebenen.

CD-Einspielungen Carol Morgans sind bei den Labels HatArt, ORF und Sargasso erschienen. Auftritte: Wiener Konzerthaus, Musikverein Wien, Kunstverein“Alte Schmiede“Wien, Donaueschinger Musiktage, u.a.

Konzertübertragungen: SWR Stuttgart, WDR Köln, Saarländischer Rundfunk, Rias Berlin/Deutschland Radio u.a.

http://web.utanet.at/morganca


Eine Reise vom Mond zur Klangdimension der „Neuen Musik“

Den Weg zur ersten Klavierstunde vergesse ich nie – ich war über dem Mond vor Aufregung“. Sind dies ausschließlich Worte, die man einfach so sagt? Nein, Emotionen sprechen daraus, die nicht ohne weiteres wieder verschwinden sollten, sondern sich für Carol Morgan in eine Leidenschaft am Spiel des Klaviers entwickelten.

Für die gebürtige Engländerin (geb. 1942 in Farnborough/Hampshire) war die Frage, was sie nach der Schule tun sollte, schnell geklärt. Sie konnte Klavier spielen - und studierte somit am Royal College of Music in London. In England wollte Carol jedoch nach dem Studium nicht bleiben. Die Insel war ihr „zu eng“. Das Bedürfnis, aus der rigiden englischen Gesellschaft auszubrechen als auch der Drang nach Freiheit wuchs. Ihr Traumziel war New York, aber die amerikanische Metropole sollte ein solches bleiben, da es finanziell nicht zu bewältigen war. Der Weg führte sie stattdessen nach Deutschland – vorerst zu weiteren Studien in Stuttgart und Köln.

Mit der „Neuen Musik“ begab sich die junge Pianistin in eine ebenso neue Welt, eine experimentelle, in der sie erst lernen musste, sich zu orientieren.

Nach der klassischen Ausbildung in England bekam Carol in der baden-württembergischen Landeshauptstadt erstmals Einblick in die Welt der modernen Musik. „Das war interessant, witzig“ und erinnert sich an ihr erstes Orchesterwerk, in dem sie als „ad hoc-Spielerin“ mitwirken durfte. „Bei der Probe war ich so wahnsinnig konzentriert. Da waren 50 leere Takte und es gab nichts zu tun, dann kam plötzlich mein kurzer Einsatz mit der Trillerpfeife – und ich habe beide Kontaktlinsen verloren...“.

Abwechslungsreich gestalteten sich für die junge Pianistin auch die weiteren Jahre in Stuttgart; die Kleinstadt bot ihr viele Möglichkeiten. So spielte sie u.a. im „ensemble für neue musik“, war freie Mitarbeiterin beim SDR Stuttgart und wirkte bei zahlreichen Theater- und Studioproduktionen (SDR) mit.

Nach beinahe zwei Jahrzehnten in Deutschland war es für Carol Morgan erneut an der Zeit für einen Ortswechsel. In Stuttgart hatte sie genug Zeit verbracht, „die Enge“ trieb sie weiter. Sie wollte es nochmals wissen und war mit ihren 43 Jahren bereit für einen Neuanfang in DER Stadt, die wie keine andere Metropole der Welt mit den Musikkünsten und deren Geschichte verwurzelt ist: In Wien. In der „Weltmusikhauptstadt“, wie sie gerne bezeichnet wird, gestaltete sich der Neustart allerdings recht schwierig, Kontakte waren kaum vorhanden und Arbeit nur schwer zu bekommen.

Als ich nach Wien kam, hätte ich nie gedacht, dass ich auch hier wieder „Neue Musik“ spielen würde – nicht in der Stadt, in der die traditionelle Musik eine so wichtige Rolle spielt.“

1986 lernte die Virtuosin Roman Haubenstock-Ramati kennen, dessen komplette Klavierwerke sie studierte und die sich nun auf CD wiederfinden. Unter der Leitung von Beat Furrer spielte sie im Ensemble „Klangforum Wien“ und zahlreiche Auftritte mit Soloprogrammen, in Kammermusikensembles und als Liedbegleiterin folgten.

Carol Morgan befindet sich seit vielen Jahren auf den Spuren der zeitgenössischen Musik, lernte, sich in der experimentellen Dimension zu orientieren, zu bewegen, ihre eigenen Interpretationen darzustellen. Dennoch wurde sie der traditionellen Kunst nie untreu. Im Gegenteil. Ihr Konzertrepertoire ist breit gefächert – von Ludwig van Beethoven über Maurice Ravel bis hin zu Olga Neuwirth und John Cage.

...wenn man sich mit Klängen befasst, versteht man, dass sie ihre eigene Welt und Logik haben...

Carols Leben stellte sich im Laufe der Zeit nicht als langer ruhiger Fluss dar, sondern eher in eine auf schlüssiges Denken aufgebaute und immer wieder in Wechselszenarien mündende, ganz besondere Beziehung zur Musik. Zu 'ihrer' Musik, "in der sehr viel Logik steckt", wie Carol meint. Aber eben diese folgt keinem bestimmten Grundmuster. Soll sie auch nicht, denn es ist die Sprunghaftigkeit, die eigene Interpretation, die es ausmacht, und die zuweilen der etwas coolen Wissenschaft der Struktur auch die Farbe der Extravaganz verleiht, die sich jedoch nicht zwangsläufig im Spiel wiederfinden muss - aber vielleicht auf dem grellgelb hervorstechenden Telefonbuch am Klaviersessel sitzend im voll besetzten Konzertsaal? Oder den Schuh unauffällig abstreifend und barfuss spielend? Kein Problem. Weshalb auch? Und wenn man da tiefer hineinsteigen würde, käme mit Sicherheit auch eine folgerichtige Begründung dafür heraus. Aber ist diese überhaupt notwendig? Im Grunde geht es doch darum, dass durch das Zusammenspiel aller Kräfte, seien sie noch so nachvollziehbar aneinander geknüpft, genau das entsteht, was entstehen soll: Die Magie und Kraft des Spiels von Carol Morgan.

Kann man Logik spüren? Man kann, wenn man sich die Zeit nimmt und sich für Carols Spiel am Klavier öffnet. Man kann nicht nur, man sollte sogar.
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