Bereits Ende der 1940er Jahre kommt Johann Hauser als Teenager in die damalige Heil- und Pflegeanstalt Gugging. Seine künstlerischen
Fähigkeiten wurden von dem Psychiater Leo Navratil schon früh entdeckt und seit den 1960er Jahren intensiv gefördert. Er erkannte,
dass man von der Zeichnung des Patienten auf den momentanen psychischen Zustand schließen könne und prägte daher den Begriff
„zustandsgebundene Kunst“. Die künstlerischen Ergebnisse ließen deutlich erkennen, ob sich Hauser in einer manischen, oder
depressiven Phase befand. Seit 1981 lebte Johann Hauser im Haus der Künstler, eine eigene Wohn- und Arbeitsstätte, wo die
bildnerischen Patienten in ruhiger Atmosphäre die Möglichkeit haben, ihren Talenten nachzugehen. Ende der 1980er Jahre fand der Nachfolger Navratils Johann Feilacher einen neuen Weg, um Hausers quälendem Zustand durch veränderte
Medikation entgegenzuwirken. Sein Gemütszustand war nun weniger aufgewühlt und der stark expressive Charakter seiner Zeichnungen
beruhigte sich leicht. Aufgrund einer Sehschwäche des rechten schielenden Auges konnte Hauser nicht räumlich sehen.
Zum Werk
Unter den Gugginger Künstlern zählt Johann Hauser zu einem der international bekanntesten Vertretern der Art Brut. Schon sehr
früh erfuhr er Anerkennung durch Künstler wie Arnulf Rainer oder Jean Dubuffet, der sich bekennend für das bildnerische Schaffen
psychiatrischer Patienten einsetzte, selbst zahlreiche Werke sammelte und als Hauptvertreter der Art Brut gilt.
Hausers Werke zeichnen sich durch einen klar umrissenen Strich und homogen ausgefüllte Farbflächen aus, wofür er fast ausschließlich
Bleistift und Farbstifte verwendet. Seine Motive befinden sich meist vereinzelt auf weißem Grund, nur in seltenen Fällen wird
das Blatt vollständig ausgefüllt. Bevorzugt malt er Häuser, Flugzeuge, Raketen oder Tiere. Berühmt wurde er vor allem durch
seine Frauendarstellungen. Mit einer nahezu obsessiven Vehemenz werden diese Frauenfiguren frontal dem Betrachter vorgeführt.
Die entblößten Brüste und Genitalien sind grafisch übermäßig betont oder durch die Signalfarbe Rot hervorgehoben. Es lässt
sich bei Hauser auch der Hang zum dekorativen Detail beobachten, wie zum Beispiel penibel aneinander gesetzte Linien oder
konzentrische Kreis- und Bogenformen.
Im „Blauen Fisch“ von 1991 lassen sich diese Details gut beobachten: Die starke Bleistiftumrandung ist von gleicher Wichtigkeit
wie der völlig dicht bemalte längliche Fischkörper. Nur bei näherem Hinsehen schimmert das weiße Papier noch leicht in horizontalen
Spuren durch. Um die Schwanzflosse vom Körper abzusetzen lässt er die schwarzen Striche sichtbar stehen. Bedrohlich wirkt
dieser Fisch durch seine spitzen, roten Zähne und das rot-schwarze Auge, welches mit zwei dekorativen Voluten zusätzlich vergrößert
wird. Die Form des Fisches wird in der Signatur wiederholt, die er besonders groß darunter setzt und fast zu einem zweiten
Motiv wird. Er fixiert seinen Namen indem er je zwei Linien darüber und darunter setzt, beendet seine Unterschrift und damit
auch sein Werk durch einen fetten, schwarzen Punkt.
Die „Nackte Frau mit Rakete“ (1994) ist insofern ein besonderes Blatt, da es viele Symbole und Motive Hausers in einer Grafik
vereint: Da wäre zuallererst die nackte Frau mit üppiger, schwarzer Haarpracht, die als Hauptfigur in der Mitte das Bild in
zwei Hälften teilt. Die linke Bildhälfte ist komplett mit Farbflächen ausgefüllt, wobei eine Primärfarbe direkt an die nächste
grenzt. Weiters sehen wir die gelbe Sonne und den Mond mit angesetzter Nase, die auf blauem Hintergrund starke Signalwirkung
haben, wie auch die rote Rakete und die Streifen in Regenbogenfarben. Die rechte Bildhälfte ist völlig seinen Blauen Sternen
gewidmet, einem weiteren Lieblingssymbol Hausers. Seine blauen Sterne sind in einer besonderen Eigenart gestaltet. Sie haben
nur vier Zacken, die unregelmäßig in verschiedenen Längen ausfallen und immer schwarz umrandet werden. Aufgrund dieser Sonderform
haben die Sterne hohen Wiedererkennungswert und sind zum Symbol für das Gugginger Haus der Künstler geworden.