Imi Knoebel

1940 geboren in Dessau, Deutschland
lebt und arbeitet in Düsseldorf, Deutschland

Imi Knoebel

1940 geboren in Dessau, Deutschland
lebt und arbeitet in Düsseldorf, Deutschland

Persönliche Daten

1950 Umzug der Familie nach Mainz
1962-1964 Werkkunstschule Darmstadt
1962 Beginn der Freundschaft mit Rainer Giese, beide nehmen den Vornamen IMI an
1964-1965 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Walter Breker
1965-1971 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Joseph Beuys
1972 Teilnahme an der documenta 5 und documenta 6 (1977)
1982 Teilnahme an der documenta 7 und documenta 8 (1987)
2006 Ehrendoktorwürde an der Friedrich Schiller Universität Jena

Zum Werk

 
Die Formensprache des Künstlers Imi Knoebel ist durch ihre Konsequenz zu großen Teilen gut wiedererkennbar, obwohl sie nicht versucht, einzigartig zu sein. Im Gegenteil: Ausgangspunkt Mitte der 1960er Jahre war die Reduktion auf einfachste geometrische Formen und Monochromie. Immer wieder kamen einfarbige Rechtecke vor, die jedoch im Fortlauf der Karriere Knoebels durch komplexere Form- und Farbgebungen ergänzt wurden. Vielecke und gerundete Umrisse gesellten sich dazu. Ebenso konnten mehrere Farben am selben Objekt auftreten und bisweilen wurden auch die Bearbeitungsspuren durch einen ungleichmäßigen Farbanstrich augenfällig. Dieses Formenvokabular setzte und setzt Knoebel in Wandbildern, skulpturalen Objekten und Rauminstallationen um.
 
Bei seinem Besuch der Werkkunstschule Darmstadt lernte (damals noch) Klaus Wolf Knoebel seinen langjährigen Freund Rainer Giese kennen. Aus der Abschiedsformel, die beide verwendeten, schufen sie ihr gemeinsames Pseudonym „Imi“. Später erklärten sie die ungewöhnliche Buchstabenkombination auch als Akronym für „ich mit ihm“. Beide studierten anschließend an der Kunstakademie Düsseldorf bei Joseph Beuys, jedoch ging ihre künstlerische Entwicklung in eine völlig andere Richtung als die von Beuys. Knoebel fand seine Formensprache laut einem Interview durch die Ablehnung von Mystik und Esoterik, die in den 1960er Jahren in der Kunst grassierten. Stattdessen sah er Kunst als etwas Bodenständiges, Fassbares an. Es störte ihn, „wenn man immer nur von Zen redete oder vom Kosmos oder Unendlichkeit, und alle standen davor und sahen die Bilder, und die hatten überhaupt nichts damit zu tun! Die waren einfach ein menschliches Produkt […]!“1

Stark beeindruckt zeigte er sich hingegen von Kasimir Malewitschs „Schwarzem Quadrat auf weißem Grund“ von 1915. Er verstand dieses Kunstwerk jedoch nicht auf spirituelle Weise, so wie die Suprematisten um Malewitsch ihre Werke kontextualisierten. Stattdessen war er begeistert von der extremen Reduktion der Form. Knoebel war fasziniert von der Vorstellung, am Nullpunkt der Formgebung ansetzen zu können und von dort aus die Kunst neu aufzubauen.
 
Der nächste Schritt für Knoebel war dann (teilweise parallel zu den Linienbildern der späten 1960er Jahre), rechteckige Hartfaserplatten rückseitig mit Latten zu versehen und damit an die Wand zu hängen. Gleichzeitig begann er auch, diese Hartfaserplatten zu stapeln, auf dem Boden abzulegen oder an die Wand zu lehnen. Im Vordergrund der ästhetischen Erfahrung stehen das Volumen der Objekte und ihr Verhältnis zum umliegenden Raum. Während manche Platten wie ein Bild an der Wand hängen, wirken andere wie Skulpturen weil sie auf dem Boden liegen oder stehen. Die Schichtung und Stapelung soll auch in Knoebels späteren Bildern eine Rolle spielen – zwar hängen sie wie Flachware an der Wand, jedoch sind sie Schicht für Schicht konstruiert wie Objekte und reichen voluminös in den Raum hinein. Beispielhaft für diese Arbeitsweise ist das Werk LNNDNN (2004) aus der Sammlung Essl.
 
1975 trat ein Richtungswechsel in Knoebels Kunst ein: Erstmals verwendete er Farbe. An diesem Punkt begann seine langjährige Auseinandersetzung mit der Farbe Grün, die sich auch in der Sammlung Essl widerspiegelt. Die Serie „An meine grüne Seite“ von 2005 ist mit fünf monochromen Acrylbildern auf Aluminium vertreten. Jedoch sind sie keineswegs alle grün, sondern auch hellblau, gelb und rosa. Diese Abweichung zwischen Titel und Erscheinungsbild fußt unter anderem in Knoebels gescheitertem Versuch, das „richtige Grün“ zu finden. Seine Suche nach diesem ganz bestimmten hellen, saftigen Grasgrün führte Imi Knoebel zusammen mit Blinky Palermo in alle erdenklichen Farbgeschäfte. Denn Farbe, so Knoebel, “das war ja seine Sache. Und wir zusammen gingen und suchten das Grün! Wir hatten schließlich von jeder Firma Grün, aber das richtige Grün fand ich nicht. Ich hab das Grün nicht gefunden!“2
 
Über die Jahre wurde Knoebels Formenvokabular immer variationsreicher. Neben unregelmäßigen Vielecken traten auch geschwungene Kanten auf. Seine ab 1978 entwickelte Werkserie „Messerschnitte“ führte er mit Holzplatten, in Druckgrafiken und sogar als Gemälde mit Sprühfarbe aus. Mit denselben in Primärfarben gehaltenen Splitterformen gestaltete er 2011 auch einige Buntglasfenster für die Kathedrale von Reims. Seine minimalistische Grundhaltung jedoch bewahrte Knoebel trotz erweitertem Formenvokabular bis heute.
 
 
Benjamin Rowles
 
1) „»Freiwillig sag‘ ich sowieso nichts!«. Johannes Stüttgen im Gespräch mit Imi Knoebel“, in: Imi Knoebel. Werke 1966-2014, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Wolfsburg, Bielefeld: Kerber Verlag, 2014, S. 14-35, hier: S. 21.
2) Zitat Knoebel, in: Imi Knoebel. Werke 1966-2014, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Wolfsburg, Bielefeld: Kerber Verlag, 2014, S. 63.
Imi Knoebel, 20091 / 4
LNNDNN, 20042 / 4
Das Verhältnis, 20053 / 4
An meine grüne Seite 1, 20054 / 4
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