Sigmar Polke

1941 geboren in Oels/Niederschlesien
2010 gestorben in Köln

Sigmar Polke

1941 geboren in Oels/Niederschlesien
2010 gestorben in Köln

Persönliche Daten

1959-60 Glasmalerlehre in Düsseldorf
1961-67 Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Gerhard Hoehme und Karl-Otto Götz
1963 Gründung des „Kapitalistischen Realismus“ gemeinsam mit Gerhard Richter und Konrad Lueg 
1977-91 Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg
 

Zum Werk

Sigmar Polke, der 1953 von Schlesien nach Westdeutschland übersiedelt, zählt mit seinem unerschöpflichen Ideenreichtum, seinem großen handwerklichen Können sowie seiner ungeheuren Lust am Experiment zu den wegweisenden Erneuerern der Malerei. Zudem kennzeichnen Themenvielfalt, Stilpluralismus und ein seismografisches Gespür für gesellschaftspolitische Befindlichkeiten sein Werk.

Als Student der Düsseldorfer Kunstakademie begründet Sigmar Polke 1963 mit Gerhard Richter und Konrad Lueg den „kapitalistischen Realismus“, eine Kunstrichtung, die sich ironisch-kritisch mit dem „sozialistischen Realismus“ der DDR-Zeit auseinandersetzt und sich gleichzeitig als eine deutsche Version der amerikanischen Pop Art versteht. Sigmar Polkes Werke haben Produkte der alltäglichen Lebenswelt zum Mittelpunkt, die er auf ebensolchen Materialien, wie Tapete und Stoff, realisiert.

Mitte der 1960er Jahre beginnt sich Sigmar Polke mit der Bildproduktion der Massenmedien auseinanderzusetzen. Er übernimmt die Idee des Bildrasters und setzt diese malerisch in seinen Stoff- und Rasterbildern um, die in den späten 1960er Jahren zu seinem Markenzeichen werden. Aufgrund der gemalten Pixel werden seine Bilder oft mit zeitgleichen Siebdruck-Arbeiten Andy Warhols verglichen, doch Polke behält entschieden handwerkliche Elemente bei, indem er Punkt für Punkt individuell mit der Hand malt.

Sigmar Polke kombiniert Elemente aus dem Bereich der alltäglichen Kultur und der Kunstgeschichte in ironisierender Weise und richtet seine Aufmerksamkeit auf Träume und Versprechungen der aufblühenden Freizeit- und Konsumgesellschaft. Seine eigenständige Bildsprache führt im ständigen Spiel mit Klischeevorstellungen und Widersprüchen zu humorvollen Kommentaren und Seitenhieben. So zeigt z.B. Polkes berühmte Arbeit von 1969 „Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!“1, seine ironische Haltung zum Geniekult und der Bedeutung des künstlerischen Einfalls, oder „Ik mach dass schon Je$5“ von 19722 eine Parodie auf das Westerngenre und seine Bildikonen.

Über die Jahrzehnte erweitert Sigmar Polke seine Bildsprache durch eine Vielzahl neuer stilistischer, formaler und inhaltlicher Aspekte. Lack- und Schüttbilder sowie ungewöhnliche Malmittel und Techniken kennzeichnen sein Werk seit den 1980er Jahren, in denen er mit unerprobten Farbstoffen, Mineralien und Chemikalien zu experimentieren beginnt. Sigmar Polke verleiht seinen Bildträgern - unter anderem durch Verwendung von Polyestergewebe, Seide und Harz - Transparenz und experimentiert mit den Härtungsprozessen seiner Materialien, die teils Jahre nach ihrer Fertigstellung noch immer weiter fließen und sich verändern.

Sigmar Polke war ein Zauberer der Materialien, der Medien und der Formate. Er brach mit Konventionen, integrierte gekonnt Witz und Ironie in sein Werk und ließ sich niemals in ein kunsttheoretisches Korsett zwängen.

Karin Altmann
1) eine Abb. dazu siehe: Polke. Eine Retrospektive, AK Museum Frieder Burda, Baden-Baden und Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Ostfildern: Hatje Cantz, 2007, S. 41.
2) eine Abb. dazu siehe: Baselitz bis Lassnig. Meisterhafte Bilder, AK Essl Museum, Klosterneuburg, 2008, S. 111.
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