Gerhard Richter

1932 geboren in Dresden, Deutschland
Lebt und arbeitet in Köln, Deutschland

Gerhard Richter

1932 geboren in Dresden, Deutschland
Lebt und arbeitet in Köln, Deutschland

Persönliche Daten

1952-1956 Studium der freien Malerei und Wandmalerei an der Kunstakademie Dresden
1961 Flucht nach Düsseldorf und bis 1963 Studium an der dortigen Kunstakademie
1971-1994 Professur an der Kunstakademie Düsseldorf
1983 Umzug nach Köln
1985 Oskar-Kokoschka-Preis, Wien
1992 documenta 9, Kassel
1997 Goldener Löwe der 47. Biennale Venedig
1997 Richter zeigt den Atlas auf der documenta 10, Kassel
2001 49. Biennale Venedig
2004 Eröffnung der Gerhard Richter-Räume im Dresdner Albertinum
2005 Gründung des Gerhard Richter Archives in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden


Zum Werk

Gerhard Richter ist einer der international bekanntesten Maler unserer Zeit. Seit Mitte der 1960er Jahre wird ihm kontinuierlich mehr Anerkennung und Ruhm zuteil, obwohl er zunächst keine eindeutige malerische Handschrift pflegte. Klaus Honnef prägte in Bezug auf Richter schon 1969 den Begriff „Stilbruch als Stilprinzip“. Später oszillierte der Maler zwischen den Extremen der Abstraktion und des Fotorealismus, immer mit dem Ziel, alle Möglichkeiten der Malerei auszuschöpfen, ohne dabei zu rein subjektiv zu werden.
 
Nachdem er in der DDR im Stil des Sozialistischen Realismus gearbeitet hatte, versuchte Richter sich nach seiner Flucht in die BRD an der informellen Malerei. Das große Maß an schöpferischer Willkür in der Abstraktion sah Richter jedoch als Manko an. Infolgedessen begann er Fotos abzumalen, um sich einer objektiven Art der Malerei anzunähern.
 
„Die Absicht: nichts erfinden, keine Idee, keine Komposition, keinen Gegenstand, keine Form – und alles erhalten: Komposition, Gegenstand, Form, Idee, Bild“1
 
Da die kleinen Vorlagebilder oftmals in vielfacher Vergrößerung abgemalt wurden, beinhalten Richters fotorealistische Gemälde eine charakteristische Unschärfe. Die Ölfarbe wurde entweder mit offensichtlichen Pinselstrichen oder durch ganz feines Auftupfen vertrieben. Die verwischten Oberflächen drängen paradoxerweise den Entstehungsprozess der Gemälde in den Hintergrund.
 
„Ich verwische, um alles gleich zu machen, alles gleich wichtig und gleich unwichtig. Ich verwische, damit es nicht künstlerisch-handwerklich aussieht, sondern technisch, glatt und perfekt. Ich verwische, damit alle Teile etwas ineinander rücken. Ich wische vielleicht auch das Zuviel an unwichtiger Information aus.“2
 
Einer Art von gestischer Abstraktion näherte sich Richter wieder in den 1970er Jahren. Zunächst malte er kleine, abstrakte Farbskizzen, welche er abfotografierte und mithilfe von Lichtbildprojektion an die Wand warf. Erst dann wurde das Werk als großformatiges Leinwandgemälde umgesetzt. Diesen Zwischenschritt ließ er alsbald weg. Ab Mitte der 1970er Jahre entstanden Gemälde, in denen die verschiedensten Arten des Farbauftrags konkurrieren und koexistieren. Die untersten Malschichten weisen häufig sanfte Farbverläufe auf, bei denen Richter verschiedene Ölfarbtöne auftupfte ohne dabei Pinselspuren zu hinterlassen. In den oberen Malschichten findet man deutliche Pinselstriche, die Bilder machen an diesen Stellen keinen Hehl aus ihrer Entstehung und zeigen den Farbauftrag selbstbewusst. Große Farbflächen wurden mit einer Art Malerbrett aufgetragen, dem Rakel, welcher später in den 1990er und 2000er Jahren auch alleiniges Gestaltungswerkzeug der abstrakten Bilder wurde.
 
Die drei Gemälde der Sammlung Essl – „Abstraktes Bild“ (1979), „Zaun“ (1983) und „Nachtstück III“ von 1985 – stammen aus der besagten abstrakten Zeit. Jedoch handelt es sich keineswegs um eine kohärente Schaffensphase. Ab 1982 arbeitete Richter parallel an fotorealistischen Kerzenbildern, kurz darauf gesellten sich die Schädelbilder dazu und 1984 malt er erstmals seit sechs Jahren wieder Aquarelle. Anders als bei Picasso lassen sich bei Richter keine fixen Arbeitsperioden abstecken. Betrachtet man sein Werk in der Zusammenschau, so wird deutlich: Die alte Mär von der Einbahnstraße, die in der Malerei vom Gegenstand zur Abstraktion führt, wird von Richter Lügen gestraft.

„Malerei ist die Schaffung einer Analogie zum Unanschaulichen und Unverständlichen, das auf diese Weise Gestalt annehmen und verfügbar werden soll. Deshalb sind gute Bilder auch unverständlich. Unverständlichkeit zu schaffen schließt gänzlich aus, irgendein Quatsch zu machen, denn irgendein Quatsch ist immer verständlich…“3

 

Benjamin Rowles
 
1) Gerhard Richter, „Notizen 1986“, in: Dietmar Elger, Hans Ulrich Obrist (Hg.), Gerhard Richter. Text 1961 bis 2007. Schriften, Interviews, Briefe, Köln 2008, S. 163.
2) Gerhard Richter, „Notizen 1964-65“, in: Dietmar Elger, Hans Ulrich Obrist (Hg.), Gerhard Richter. Text 1961 bis 2007. Schriften, Interviews, Briefe, Köln 2008, S. 33.
3) Gerhard Richter, „Notizen 1981“, in: Text. Schriften und Interviews, Frankfurt a. M. und Leipzig 1993, S. 91.
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