ST. STEPHAN

Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky, Arnulf Rainer
Monsignore Otto Mauer zu Ehren
Fr, 12.12.2003 - Di, 07.12.2004
Kuratorin: Agnes Essl

ST. STEPHAN

Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky, Arnulf Rainer
Monsignore Otto Mauer zu Ehren
Fr, 12.12.2003 - Di, 07.12.2004

Schömer-Haus

1954 gründete Monsignore Otto Mauer die Galerie St. Stephan in Wien. Sein leidenschaftlicher Einsatz für die damals junge Kunst führte dazu, dass die Galerie in den 1950er und 60er Jahren zu einem zentralen Ort österreichischer Avantgarde wurde.

1954 gründete Monsignore Otto Mauer die Galerie St. Stephan in Wien. Sein leidenschaftlicher Einsatz für die damals junge Kunst führte dazu, dass die Galerie in den 1950er und 60er Jahren zu einem zentralen Ort österreichischer Avantgarde wurde. Otto Mauer, dessen Todestag sich 2003 zum 30. Mal jährt, war als visionärer und streitbarer Kirchenmann ein bedeutender Förderer zeitgenössischer Kunst in Österreich. Seine Vorstellung vom Geistigen und Transzendenten in der Kunst wurde in den 50er Jahren besonders durch die von Frankreich und Amerika beeinflusste informelle Malerei repräsentiert. Mauer sah in den abstrakten Kürzeln und Zeichen dieser Malerei insbesondere metaphysische Bezüge. Die Gruppe St.Stephan mit den Künstlern Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer wurde 1956 gegründet. Die Künstler bestimmten fast ein Jahrzehnt lang in Absprache mit Mauer wesentlich das Programm und die Ausrichtung der Galerie, bekamen dort zahlreiche Einzelausstellungen und knüpften Kontakte zu internationalen Kunstinstitutionen.

1967, zum zwölfjährigen Bestehen der Galerie St. Stephan sagte Josef Mikl zu Otto Mauer: "Starrköpfig und ohne das bei uns oft angeborene Talent zu kleinen Vergleichen, wehrhaft gegenüber Argumenten von Untieren und Miesmachern, (...) nie ermüdend beim Durchqueren des heimischen Teiges phantastischer Salonmalerei, (...) sind Sie das Beispiel eines guten Österreichers."

Auf Initiative der Sammlerin Agnes Essl wird den Künstlern der Gruppe St. Stephan diese Ausstellung gewidmet. Die frühen Werke von Hollegha, Mikl, Prachensky und Rainer repräsentieren die österreichische Avantgarde der Nachkriegszeit. Das Sammlerpaar Agnes und Karlheinz Essl hat die Arbeit der vier Künstler über Jahrzehnte verfolgt und wichtige Werke und Werkblöcke vieler Schaffensperioden angekauft, einem langjährigen Sammlungskonzept folgend. Gemäß der Präsenz der Künstler in der Sammlung werden die künstlerischen Entwicklungen von den informellen Anfängen der 50er Jahre bis heute im Dialog verfolgbar.

Wolfgang Hollegha, 1929 geboren, war 1952 Mitglied der von Arnulf Rainer und anderen Künstlern gegründeten "Hundsgruppe" und des "Art-Club". Holleghas farbintensive malerische Formfindung geht immer vom realen Gegenstand aus, der sich dann aber vollkommen zugunsten der Abstraktion auflöst. Es handelt sich um ein Herauslösen einer Form, die für die Ganzheit des Gegenstandes nicht mehr bedeutsam ist. Ein besonderes Kennzeichen der Werke Holleghas ist der dünne Farbauftrag. Dies rückt ihn in die Nähe der amerikanischen "colourfield painter". Das Schaffen von Wolfgang Hollegha, der seit 1961 in Wien und in Rechberg in der Steiermark lebt, ist durch zahlreiche große Ausstellungen im In- und Ausland gewürdigt worden.

Das bestimmende Thema im Werk von Josef Mikl, 1929 geboren, ist immer der Körper. In seinem abstrakten Realismus geht er oft von Körperteilen, speziell von Gelenken aus und nimmt sie als Grundlage für seine Umsetzung in Malerei. Konkrete, dem Figurativen verbundene Inhalte bilden so den Ausgangspunkt für Mikls impulsive Farbkompositionen. Die Form des Gegenstandes kann dann bis zur Unkenntlichkeit zurücktreten, auf sie verweist oft nur mehr der Bildtitel. In Studienblättern und Zeichnungen ist die Auseinandersetzung mit der Körperlichkeit der Figur jedoch deutlich nachzuvollziehen.

Starke leuchtende Farben und ein großer Gestus in der Form sind kennzeichnend besonders für die Malerei der letzten Jahre. Mikl schuf 1997 das Deckenbild und 22 Wandbilder für den Großen Redoutensaal in der Wiener Hofburg.
 

Der 1932 geborene Markus Prachensky ist ein reisender Künstler. Er erregte im Österreich der späten 50er Jahre durch seine informellen Aktionen großes Aufsehen. 1959 kam es im Wiener Theater am Fleischmarkt im Vorprogramm einer Malaktion von Georges Mathieu zur ersten Vorführung der "Peinture liquide", bei der Prachensky mehrere hundert Liter roter Farbe über eine aufrechte Wand goss. Der Künstler hat vor seinem Studium der Malerei ein Architekturstudium abgeschlossen; seine Bilder scheinen von diesem architektonischen Denken beeinflusst, sie besitzen selten die spontane Expressivität, die für Arbeiten von Mikl, Hollegha oder Rainer kennzeichnend ist. Das tektonische Element ist wesentlicher Bestandteil seiner Malerei, wenn auch immer mit Tendenzen zu Auflösung und Gestik. Prachensky malt zyklische Bildfolgen, die er nach Orten der Entstehung oder nach Orten, mit denen ihn eine Erinnerung verbindet, benennt.
 

Arnulf Rainer, geboren 1929, arbeitet seit den 1950er Jahren an einer künstlerischen Form der Unmittelbarkeit, eines Ausdrucks voll physischer Kraft. Nach strengen Formübungen und Proportionsstudien beginnt er Mitte der 50er Jahre mit fast monochromen Übermalungen. In den 60er und 70er Jahren werden die Übermalungen, für die er auch Fotos und fremde Kunstwerke benutzt, immer exzessiver. Rainer arbeitet mit dem Körper, malt mit Händen, experimentiert mit Grenzerfahrungen, oder arbeitet bis zu Zuständen totaler Erschöpfung. Er ist immer auf der Suche nach dem unmittelbaren Ausdruck, der nicht durch Gelerntes entfremdet wird. Diese künstlerisch intensive Auseinandersetzung mit dem Existenziellen hat Rainer zu einem der international bedeutendsten lebenden Künstler Österreichs gemacht.
 

Franz Hubmann: Die vier Maler der Galerie St. Stephan in der Wiener Secession im Jahr 19571 / 4
Josef Mikl: C8 Figur I (1977)2 / 4
Wolfgang Hollegha: Ohne Titel (undat.)3 / 4
Markus Prachensky: Poseidon Stomp 21 (1992)4 / 4
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