IT IS NOT THE PICTURE / II

Raum/Klang/Performance über Morton Feldman

IT IS NOT THE PICTURE / II

Raum/Klang/Performance über Morton Feldman
Mi, 23.03.2011, 20:00 Uhr

Essl Museum

IT IS NOT THE PICTURE nützt die kompositorische Struktur des String Quartet No. II des amerikanischen Komponistens Morton Feldman (1926 - 1987) als Basis einer interdisziplinären Übersetzung. Sabina Holzer, Jack Hauser und Martin Siewert folgen mittels Bewegung, Projektion und elektronischen Sound wesentlichen Spuren des Werkes.

Sabina Holzer: Tanz
Jack Hauser: Visuals
Martin Siewert: Sound
Jeroen Peeters: Kartografie

 

IT IS NOT THE PICTURE nützt die kompositorische Struktur des String Quartet No. II des amerikanischen Komponistens Morton Feldman (1926 - 1987) als Basis einer interdisziplinären Übersetzung. Sabina Holzer, Jack Hauser und Martin Siewert folgen mittels Bewegung, Projektion und elektronischen Sound wesentlichen Spuren des Werkes: Sie loten die Möglichkeiten von Präsenz zwischen An- und Abwesenheit, zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, zwischen Hörbarkeit und Stille aus. Spielregeln der Kommunikation zwischen den Medien und mit dem Publikum wird in Überlagerungen von figurativen und formalen Sequenzen untersucht. Durch Wiederholung, Differenz, Verschiebung entsteht ein Gewebe aus Erinnerung und Vergessen.
 

BIOGRAPHIEN
Sabina Holzer

Performerin, Choreografin, Autorin. Performance und Research in Theatern, Museen und im öffentlichen Raum im In- und Ausland. Seit 2005 enge Zusammenarbeit mit Jack Hauser. Reiseprojekte und fiktionautische Interventionen in der Serie LIVE:Paul Sernine & Miss Coochie. Zusammenarbeit in Projekten mit Machfeld (Kunstverdoppelung M1+1), Lux Flux, M.Bitterli/artificial horizon, Jeroen Peters, Philipp Gehmacher, Hooman Sharifi, Litó Walkey, Boris Hauf, Vera Mantero, Robert Steijn, Fabian Chyle, Toxic Dreams, Bilderwerfer u.a.
Organisation von und Beteiligung an Researchprojekten zu Bewegung und Sprache am Tanzquartier Wien, WUK (A), Vooruit Ghent (B), Le Quarz (FR), COAX Production Stuttgart (D) u.a. Training/Unterricht in verschiedenen Institutionen und Gruppen für Bewegung, Stimme, Text. Sabina Holzer ist Redaktionsmitglied von www.corpusweb.net, dem Internetmagazin für Tanz, Choreografie und Performance.
 

Jack Hauser
Medienkünstler, Filmemacher, Autor. Unter dem Titel "Der Name. Die Hülle. Das Abenteuer." gestaltet Jack Hauser performative bildnerische Interventionen und experimentelle Arbeiten mit diversen Medien, die seit 1999 als "Wohnung Miryam van Doren" betrieben und betreut werden. Weiters stehen dafür die eingeflochtenen Reiseprojekte zur Fiktionautik, die Serie LIVE:Paul Sernine & Miss Coochie", die lose Gruppe Secret Service sowie die Kunstverdoppelung M1+1. Er war mit Linz.Wohnung.Miryam.van.Doren.mobil bei der Triennale 1.0. im Lentos Kunstmuseum Linz vertreten.
1994 gründet er gemeinsam mit Inge Kaindlstorfer und David Ender die Performancebande Lux Flux. Danach kollektive, kooperative und choreographische Projekte mit Daniel Aschwanden, Karlheinz Essl, Anne Juren, Krõõt Juurak, Barbara Kraus, Elke Krystufek, Machfeld, Markus Schinwald, Oleg Soulimenko, Simon Wachsmuth u.a. 2003 beginnt die Zusammenarbeit mit Milli Bitterli und ab 2005 zahlreiche gemeinsame Projekte mit Sabina Holzer. Er ist Redaktionsmitglied von www.corpusweb.net, dem Internetmagazin für Tanz, Choreografie und Performance.
 

Martin Siewert
Musiker & Komponist / Gitarre, Lap & Pedal Steel, Electronics. Lebt und arbeitet in Wien für Theater, Film, Tanz. Bands und Projekte zusammen mit HEAVEN AND; TRAPIST (with Joe Williamson and Martin Brandlmayr); THE YEAR OF (Fleischmann, Kurzmann, Dafeldecker, Siewert, Kling); HALF WOLF (with Boris Hauf and Steve Heather) u.a.
Arbeitet in Performance/Dance/Film/Media-artwise mit Robert Steijn, Frans Poelstra, Anat Stainberg, Milli Bitterli & Artificial Horizon, Annja Krautgasser (nja), Dariusz Kowalski, Gustav Deutsch, Lillevan, Michaela Grill, Billy Roisz, Siegrun Appelt, Yosi Wanunu & Toxic Dreams, Jan Machacek, Jack Hauser, Sabina Holzer, Alexandra Waierstall u.a. Soundtracks zu Filmen und Video: www.sixpackfilm.com.
 

Jeroen Peeters
Essayist, Dramaturg, Performer und Kurator. Lebt in Brüssel. Seit 2002 Co-Direktor von Sarma, einem diskursiven Labor für Tanz, Kritik, Forschung, Dramaturgie und künstlerische Praktiken (www.sarma.be). Er publiziert zu Tanz, Performance und Theorie in unterschiedlichen Medien, wie Contact Quarterly, corpus, Dance Theatre Journal und Etcetera.
Sein Buch in Zusammenarbeit mit Meg Stuart Are we here yet? erschien im März 2010 bei Les Presses du réel. Er arbeitete u.a. mit Eleanor Bauer, Paul Deschanel Movement Research Group, Deufert&Plischke, Jack Hauser, Sabina Holzer, Anne Juren, Thomas Lehmen, Vera Mantero, Martin Nachbar und Superamas. Gemeinsam mit Kattrin Deufert, Thomas Plischke und Marcus Steinweg choreografierte und performt er Anarchiv #1: I am not a zombie (2009).


KRITIK
Morton Feldman tanzt

Weiß: Weißer Tanzboden, weiße Leinwand als Hintergrund, weißes Kostüm. Außerhalb dieses Bereichs: Schwarz. In diesem Setting ist mit zwei gedrehten schwarzen Bändern eine Ecke markiert. Nein, keine Ecke: zwei Seiten, die sich nicht zur Ecke treffen. Dieses Nicht-Treffen setzt sich in der Projektion fort, in der ein Spalt zu erkennen ist, Fluchtpunkt des Blickes. Eine schemenhaft projizierte Gestalt kreuzt mal den Spalt, mal ist sie hinter den transparenten Wänden links und rechts davon zu erkennen.
 
Zurück auf Feld 1, oder: (k)ein Handlungsballett

Auf dieser Bühne agieren drei Personen: Jack Hauser und Martin Siewert am Rand des Spielfeldes an den Samplern und Mischpult, Sabina Holzer im Bühnenraum, der durch die Ecke zu einem Drinnen und Draußen strukturiert wird. Sabina Holzer folgt Anweisungen, die auf Karten auf dem Boden verteilt sind: Zahlen, Pfeile, Worte sind zu erkennen, Hinweise auf Bewegungsmuster, die sich wiederholen, verändern; ein Parcours entsteht, Progression ist zu erkennen, tastend, erinnernd, brüchig, Linien, die aufeinander zu laufen und sich doch nie ganz treffen, nie zu einem Tanz werden: wieder und wieder wird einer Anweisung gefolgt, in der Partitur nachgesehen. Die Karte auf dem Begrenzungsband wird zum Tor ins Draußen, kühn durchschritten. Plötzlich kommt Stimme ins Spiel, ein zwischen Singen und nicht eindeutig festzumachendem emotionalem Ausdruck changierendes Vokalsolo, stellt im Draußen eine schockierende Nähe zum Publikum her. Samples tauchen auf und ab, Holzer durchschreitet das Tor erneut, neue Versatzstücke tauchen auf, zurück an den Start auf dem schwarzen Sessel, Spiel mit Wort-Doppel-Sinn entlang eines musikalischen, emotional-brüchigen Monologes. Ohne dass Handlung wahrnehmbar wird, wird nach einem Plan gehandelt, so viel ist sicher; bewegt und entwickelt sich etwas, das Ziel des Bemühens entzieht sich uns, das macht nichts, wir folgen dem Spiel. Auch Holzer, Hauser, Siewert folgen sicher und überzeugt ihrer Partitur und plötzlich ist es aus.
 
String Quartett II

Das Programmheft bietet eine erhellende Nachlese dessen, was hier gespielt wird: Die prozesshafte Auseinandersetzung mit "String Quartett II" des Komponisten Morton Feldman und dem Werk des Schriftstellers Maurice Blanchot führte in Zusammenarbeit mit Jeroen Peeters zur Erstellung einer Karte, der die Agierenden in der Aufführung folgen. Dies ist eine der seltenen Gelegenheiten: Die Bühnenarbeit hält, unspektakulär, luftig und immer wieder überraschend, das Programmheft bietet dazu ein Unterfutter, das Einblick in Ausgangspunkte und Arbeitsweise gewährt. Text und Performance können nebeneinander stehen und sind einander nicht im Weg, sondern ergänzen das Bild. It is a picture, after all.
 

1 / 1
Impressum