KONTAKTE

Zukunftsweisende Musik von Karlheinz Stockhausen

KONTAKTE

Zukunftsweisende Musik von Karlheinz Stockhausen
Sa, 24.04.2010, 19:30 Uhr

Das Schömer-Haus

Wunschvorstellungen und Zukunftsvisionen – beides beinhaltet das Wort „Utopie“ (wörtlich: Un-Ort), das 1516 von Thomas Morus geprägt wurde: Es benennt eine in unerreichbarer Ferne liegenden Insel mit einer radikal neuen Gesellschaftsordnung.
Wunschvorstellungen und Zukunftsvisionen – beides beinhaltet das Wort „Utopie“ (wörtlich: Un-Ort), das 1516 von Thomas Morus geprägt wurde: Es benennt eine in unerreichbarer Ferne liegenden Insel mit einer radikal neuen Gesellschaftsordnung.

Darauf Bezug nehmend präsentiert sich unser Musikprogramm im Jahr 2010 durchwegs utopisch: In Konzerten und Musikperformances wird die Frage nach der Veränder¬barkeit des Bestehenden und Liebgewonnen thematisiert und dabei über¬raschende und unkonventionelle Lösungen zur Diskussion gestellt.

Wie kaum ein anderer Komponist hat Karlheinz Stockhausen (1928-2007) der Musikgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg seinen unverwechselbaren Stempel aufgeprägt. Visionäre Ideen zu Zeit und Raum führten ihn auf neue Bahnen und ließen dabei radikale Werke entstehen, die heute als Meilensteine gelten. In seinen bahnbrechenden KONTAKTEN verbinden sich instrumentale und elektronische Klangwelten auf bislang ungehörte Weise. 50 Jahre nach der Entstehung wirkt dieses Stück immer noch aufregend und unverbraucht. Kein Wunder, dass viele junge Elektronikmusiker (wenn auch aus ganz anderen ästhetischen Gefilden kommend) sich immer wieder auf Stockhausen berufen.

Drei Musiker aus seinem engsten Kreis, die noch zu Lebzeiten mit ihm gearbeitet haben, sind diesmal im SCHÖMER-HAUS zu Gast und werden Stockhausens Musik in mustergültiger Interpretation zu Gehör bringen.

VIDEO

Karlheinz Stockhausen: KONTAKTE
Ausschnitt aus der Generalprobe
SCHÖMER-HAUS, 24 April 2010

Video: Karlheinz Essl
 
PROGRAMM

ZYKLUS (1959) für Schlagzeug solo
TELEMUSIK (1966) Elektronische Musik
NATÜRLICHE DAUERN (2005/06) für Klavier solo
KONTAKTE (1958-60) für Klavier, Schlagzeug und elektronische Klänge

AUSFÜHRENDE

Benjamin Kobler: Klavier
Michael Pattmann: Schlagzeug
Bryan Wolf: Klangregie



WERKEINFÜHRUNGEN

ZYKLUS für einen Schlagzeuger (1959)

Die vorwiegend statische offene Form des 'Klavierstückes XI' - im buchstäblichen Sinne vom Augen-Blick abhängig – wird im 'Zyklus' für Schlagzeug mit der Idee einer dynamischen, geschlossenen Form verbunden; das Ergebnis ist eine zyklische ‚gekrümmte’ Form. Sechzehn beschriebene Blatter sind seitlich an einer Spirale befestigt; es gibt keinen Anfang und kein Ende; der Spieler kann mit irgendeiner Seite beginnen, spielt dann aber in der gegebenen Reihenfolge einen Zyklus; dabei steht er in einem Kreis von Schlaginstrumenten und dreht sich während der Aufführung – in seinen vorwiegenden Positionen – einmal im Kreise, links oder rechts herum je nach Leserichtung. Felder mit Punkten und Gruppen unterscheiden sich durch verschieden große Kombinationsmöglichkeiten; sie vermitteln – in der komponierten Reihenfolge – kontinuierlich zwischen dem ganz Determinierten und dem extrem Freien; die Struktur mit dem größten Freiheitsgrad – dem äußerst ‚Augenblicklichen’ ist so geformt, dass sie der ihr unmittelbar folgenden äußerst determinierten Struktur zum Verwechseln ähnlich wird. So erlebt man einen zeitlichen Kreis, in dem man zwar immer den Eindruck hat, sich in Richtung des immer freier (rechts herum) oder des immer festgelegter Werdenden (links herum) zu bewegen, in dem jedoch am kritischen Berührungspunkt der Extreme das eine ins andere unmerklich umschlagt. Die offene Form im Kreis zu schließen, Statisches im Dynamischen, Zielloses im Gezielten zu verwirklichen – nicht das eine oder das andere ausschließen, zerstören oder nach einer Synthese in einem Dritten suchen wollen: ein weiterer Versuch, den Dualismus aufzuheben und zwischen dem scheinbar noch so Verschiedenen, Unvereinbaren zu vermitteln.

TELEMUSIK elektronische Musik (1966)

TELEMUSIK habe ich vom 23. Januar bis zum 2. März 1966 im Studio für Elektronische Musik des Japanischen Rundfunks Nippon Hoso Kyokoi in Tokio realisiert, in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Studios Wataru Uenami und mit den Studiotechnikern Hiroshi Shiotani, Shigeru Sato, Akira Honma. Die Uraufführung des 5-kanaligen Originals fand am 21. März 1966 im Auditorium von NHK Tokio statt.

Während der ersten 8 oder 9 Tage in Tokio konnte ich nicht schlafen. Ich war froh darüber, denn ununterbrochen gingen mir Klangvisionen, Ideen, Bewegungen durch den Kopf, wenn ich wach lag. Nach vier Nächten ohne Schlaf und vier Tagen acht- oder neunstündiger Arbeit im Studio für Elektronische Musik ohne irgendein brauchbares Ergebnis – nicht nur fremde Sprache, Speise, Wasser, Luft, die Ja- und Nein-Konfusion mußte ich assimilieren, sondern auch eine völlig andere technische Einrichtung im Studio – kam eine Vision immer öfter wieder: es war, was ich mag: eine Vision von Klängen, neuen technischen Prozessen, formalen Beziehungen, Bildern der Notation, von menschlichen Verbindungen usw. - alles auf einmal und in einem Netzwerk, das zu verschlungen war, um in einem Prozeß dargestellt zu werden: Es sollte mich für lange Zeit beschäftigen.

Zu alledem wollte ich einem alten und immer wiederkehrenden Traum näherkommen: einen Schritt weiterzugehen in die Richtung, nicht 'meine' Musik zu schreiben, sondern eine Musik der ganzen Erde, aller Länder und Rassen. Sie werden sie in der TELEMUSIK hören - ich bin gewiß - : jene mysteriösen Besucher vom japanischen Kaiserhof, die Gugaku-Spieler; von der glücklichen Insel Bali; aus der südlichen Sahara; von einem spanischen Dorffest; aus Ungarn; von den Shipibos des Amazonas; von der Omizutori-Zeremonie in Nara, an der ich drei Tage und Nächte lang teilnahm; aus dem phantastisch-virtuosen China; vom Kohyason-Tempel; von den Bewohnern des Hochgebirges in Vietnam, über die ich jeden Morgen im Hotel grauenhafte und verzerrte Nachrichten aus einer amerikanisch -japanischen Zeitung entnehmen mußte; und wieder aus Vietnam, und noch mehr Zauberhaftes aus Vietnam (welch wunder-bares Volk!) – (ich landete in Saigon und sah die Rauchwolken hochsteigen, unmittelbar neben dem Flugplatz, und die Militärs und die Bomber und die erschrockenen Augen) - ; von den buddhistischen Priestern des Jakushiji—Tempels; aus dem Nô-Drama 'Hô sho riu' und was weiß ich wo sonst noch her. Sie wollten alle teilnehmen an der Telemusik, manchmal gleichzeitig und sich gegenseitig durchdringend. Ich hatte alle Hände voll zu tun, eine neue und unbekannte Klangwelt der Elektronischen Musik für diese Gäste offenzuhalten: sie sollten sich 'zu Hause' fühlen, nicht 'integriert' durch einen administrativen Akt, sondern wirklich verbunden in freier Begegnung ihres Geistes.

Ich weiß nicht genau, wie ich es eigentlich machte, was mich wie ein Mondsüchtiger gehen ließ: ich glaube, ich habe es geschafft, diese TELEMUSIK zu komponieren.

In der Nacht, in der mir zum ersten Mal der Name des Werkes einfiel, erlebte ich plötzlich einen Ausbruch an assoziativen Begriffen. Ich will einige dieser Vokabeln für TELEMUSIK zitieren: Ultra - Laserstrahlen - Sternstaub - Nord - Glast - Wolkenschatten - Helium - Pol - Spiegel - Ich des Ich - Hochfrequenz - Weiß auf Weiß - Reflexion - Schneetapse - Helle - Nô Kan - Skyskrapers - Gletscher - Ringmodulation - Silberstille - Resurrection - Highfidelity.

TELEMUSIK möchte ich den Menschen des Landes, wo ich zu Gast war, widmen, die ich so grenzenlos bewundere und die so unglaublich engagiert sind im Widerstreit zwischen dem alten und neuen Japan. Ich wünsche von ganzem Herzen, daß sie – die Japaner ein neues Japan hervorbringen, während oder nach der gefährlichen Verletzung, die ihnen durch den Integrationsprozeß der Welt und durch die notwendige Übergangszeit der Zerstörung und Gleichmachung von jedem und allem zugefügt wird. Denn ich habe gelernt – besonders in Japan – , daß Tradition nicht einfach existiert, sondern daß sie jeden Tag neu erschaffen werden muß. Was heute modern ist, wird morgen Tradition sein. Wir wollen nicht vergessen, daß alles, was wir tun und sagen, als Moment einer kontinuierlichen Tradition aufgefaßt werden muß, sonst ist Tradition tot, tot und dreimal tot. (Karlheinz Stockhausen, Tokyo 1966)


NATÜRLICHE DAUERN für Klavier (2005/06)
3. Stunde aus KLANG, Die 24 Stunden des Tages

Unter diesem Titel habe ich in letzter Zeit einen umfangreichen Zyklus von Klavierstücken komponiert, von denen die Stücke 1 – 15 ein volles Programm mit einer Pause füllen. Natürliche Dauern ergeben sich beim Klavier aus der Lage, wo man anschlägt, durch die Intensität, durch das Haltepedal. Wenn nun von solchen Anschlägen die Einsätze anderer Töne und Intervalle, Akkorde abhängig sind, entstehen Melodien, Harmonien und mehrstimmige Momente als Ergebnisse der natürlichen Dauern.

Das kann auf verschiedene Weise geschehen, wobei jedes Mal die ganze rhythmische Entwicklung eines Klavierstückes durch natürliche Dauern gelenkt wird. ln manchen Stücken werden die Dauern durch vorgeschriebenes Ein- und Ausatmen reguliert. Es kommt auch in diesem Zyklus vor, dass unterschiedliche Schwierigkeitsgrade des Klavierspiels natürliche Dauern ergeben — zum Beispiel verschieden große Sprünge oder Arten des Ineinandergreifens der Finger oder Bündelungen gleichzeitig anzuschlagender Tasten oder Kombinationen von Anschlägen, Clustern, Glissandi und mehr oder weniger kompliziert notierter Dauern der Anschläge.

Im Vergleich mit den in meinen früheren Klavierstücken vorgeschriebenen Tempi suchte ich nach ganz anderen Methoden, die Klangzeit zu komponieren, eben „natürliche Dauern“ auszuprobieren.

Man sollte nun annehmen, dass bei den natürlichen Dauern die klanglichen Ergebnisse sehr viel unbestimmter seien wegen der Verschiedenheit der Instrumente und Spieltechniken. Das ist aber nicht der Fall. Die von mir gemessenen natürlichen Dauern und die von anderen Pianisten haben sich als sehr ähnlich erwiesen, was mir zeigt, dass ich mit dieser Dritten Stunde von KLANG auf dem richtigen Weg bin, Allgemeingültiges, Neues zu entdecken. (Karlheinz Stockhausen, 2006)


KONTAKTE für elektronische Klänge, Klavier und Schlagzeug ( 1958-60)

Eine Reihe von Kontaktformen vermittelt zwischen Elektronischer Musik – aus 4 Lautsprechergruppen im Umkreis der Zuhörer abgestrahlt – und Instrumentalmusik, die von einem Pianisten und einem Schlagzeuger gleichzeitig während der Aufführung gespielt wird.

Sechs instrumentale Klangkategorien sind verwendet: Metallklang – Metallgeräusch, Fellklang – Fellgeräusch, Holzklang – Holzgeräusch; das Klavier soll diese Kategorien verbinden, aufspalten oder Signale des Zusammenspiels geben. Die elektronischen Klangkategorien stellen Verwandtschaften und Übergänge zwischen den instrumentalen her, ermöglichen Klangtransformationen von jeder Kategorie (metallisch, fellähnlich, holzähnlich usw.) zu jeder anderen, und Klangmutationen zu völlig neuen Schallereignissen; sie verschmelzen mit ihnen und entfremden sich in bisher unbekannte Klangräume.

Während sich in der Elektronischen Musik 6 räumliche Bewegungsformen in differenzierten Geschwindigkeiten und Richtungen auf immer neue Art kontaktieren (Rotationen, Schleifenbewegung, Alternierung, fixe Quellen getrennt – aus allen verschiedenes –, fixe Quellen verbunden – aus allen dasselbe –, Raumpunkte vereinzelt), stellen die Instrumentalisten starre Klangquellen im Raum dar. Für die völlig gleichberechtigte Einbeziehung der räumlichen Bewegung in die Komposition habe ich neue technische Verfahren entwickelt (wie z. B. Rotationstisch mit Lautsprecher, Metallstürze vor der Membrane usw.).

Wie schon im GESANG DER JÜNGLINGE, so werden auch in KONTAKTE bekannte Klangereignisse mit unbekannten verbunden; solche, für die wir Namen haben, mit solchen, die wir nicht benennen können. Dort sind es gesungene Laute, Silben, Worte im Zusammenhang der elektronischen Klänge, hier sind es Klavier- und Schlagzeugklänge in allen Schattierungen, mit vielen Graden mehr oder weniger bestimmbarer Tonhöhen, Klangfarben, Hüllkurven, Klangdauern. Die bekannten Klänge geben Orientierung, Perspektiven des Hörens; sie funktionieren als Verkehrszeichen im unbegrenzten Raum der neu entdeckten elektronischen Klangwelt. Auch die elektronischen Klänge kommen manchmal zum Verwechseln nahe an die bekannten Klänge heran; sie klingen dann »wie Darabuccas«, »wie Marimba«, » wie riesige Tamtams«, »wie cymbales antiques«.

Die Begegnung mit Vertrautem, Benennbarem in Regionen des Unbekannten und Namenlosen macht das Unbekannte um so geheimnisvoller, faszinierender; und umgekehrt wird das Bekannte, auch Banale und Alte – für das wir kaum noch ein Ohr hatten – in der neuen Umgebung des Unbekannten ganz frisch und lebendig.

Aus: Synthese von Elektronischer Musik und Instrumentalmusik (Text von Karlheinz Stockhausen, 1960)

Alle Texte © Stockhausen-Verlag, Kürten



BIOGRAPHIEN

Karlheinz Stockhausen

Geboren 1928, verstorben 2007. Bis 2004 komponierte er 313 Werke, veröffentlichte TEXTE zur MUSIK (Bände 1–10 Stockhausen-Verlag), eine Serie Hefte mit Skizzen und Erläuterungen eigener Werke. Die ersten 36 Partituren wurden bei der Universal Edition Wien verlegt, alle anderen im 1975 gegründeten Stockhausen-Verlag (51515 Kürten, Faks. 02268-1813), der auch seit 1991 in einer Stockhausen-Gesamtausgabe 116 Compact Discs veröffentlichte. Alle Partituren, Bücher, Videos und CDs können direkt beim Verlag per Post bestellt werden. Seit 1998 finden jährlich die Stockhausen-Kurse Kürten für Komponisten, Interpreten, Musikwissenschaftler und Gasthörer statt.

Stockhausen komponiert seit 1977 das musikszenische Werk LICHT, die Sieben Tage der Woche. Bis 2003 waren 5 Tage szenisch uraufgeführt (Mailänder Scala 1981 DONNERSTAG aus LICHT, 1984 SAMSTAG aus LICHT, 1988 MONTAG aus LICHT, Oper Leipzig 1993 DIENSTAG aus LICHT, 1996 FREITAG aus LICHT). Bereits die ersten Kompositionen der »Punktuellen Musik« wie KREUZSPIEL (1951), SPIEL für Orchester (1952) und KONTRA-PUNKTE (1952/53) brachten Stockhausen internationale Berühmtheit. Seitdem werden seine Werke von den einen aufs äußerste bekämpft und von den anderen verehrt. Wesentliche Errungenschaften der Musik seit 1950 sind durch seine Kompositionen modellhaft geprägt worden: Die »Serielle Musik«, die »Punktuelle Musik«, die »Elektronische Musik«, die »Neue Schlagzeugmusik«, die »Variable Musik«, die »Neue Klaviermusik«, die »Raummusik«, »Statistische Musik«, »Aleatorische Musik«, »Live elektronische Musik«; neue Synthesen von »Musik und Sprache«, eines »Musikalischen Theaters«, einer »Rituellen Musik«, »Szenischen Musik«; die »Gruppen-Komposition «, polyphone »Prozeß-Komposition«, »Moment-Komposition«, »Formel-Komposition« bis zur gegenwärtigen »Multiformalen Komposition«; die Integration ‘gefundener Objekte’ (Nationalhymnen, Folklore aller Länder, Kurzwellenereignisse, »Tonszenen« usw.) in einer »Weltmusik« und einer »Universalen Musik«; die Synthese europäischer, afrikanischer, lateinamerikanischer und asiatischer Musik in einer »Telemusik« usw., die vertikale »Oktophone Musik«. Von Anfang bis heute ist seinem Werk eine Bestimmung als »geistliche Musik « zu eigen, die nicht nur in Kompositionen mit geistlichen Texten, sondern auch in den anderen Werken über »Oberton-Musik«, »Intuitive Musik«, »Mantrische Musik« bis zur »Kosmischen Musik« in STIMMUNG, AUS DEN SIEBEN TAGEN, MANTRA, STERNKLANG, INORI, ATMEN GIBT DAS LEBEN, SIRIUS, LICHT immer deutlicher wird. In einem von Stockhausen entworfenen Kugelauditorium wurden während der Weltausstellung Expo ’70 in Osaka, Japan, mit 20 Instrumentalisten und Sängern an 183 Tagen 5 1/2 Stunden täglich die meisten bis 1970 komponierten Werke Stockhausens für über eine Million Zuhörer aufgeführt

Stockhausen ist das Beispiel par excellence des Komponisten, der nahezu alle Uraufführungen seiner Werke selbst dirigiert oder mitgespielt oder als Klangregisseur geleitet und in unzähligen modellhaften Aufführungen und Tonbandaufnahmen in allen Ländern realisiert hat. Außer mehreren Gastprofessuren in der Schweiz, in USA, Finnland, Holland, Dänemark wurde er 1971 zum Professor für Komposition an der Staatlichen Hochschule für Musik Köln, 1996 zum Ehrendoktor der Freien Universität Berlin, 2004 zum Ehrendoktor der Queen’s University Belfast ernannt. Er ist Mitglied von 12 internationalen Akademien der Künste und Wissenschaften, seit 1988 Ehrenbürger der Gemeinde Kürten, wurde Commandeur dans l’Ordre des Arts et des Lettres, erhielt viele Schallplattenpreise und Auszeichnungen, u. a. das Bundesverdienstkreuz I. Klasse, den Siemens-Musikpreis, die Picasso-Medaille der UNESCO, den Verdienst-Orden des Landes Nordrhein-Westfalen, 7 Musikeditionspreise des Deutschen Musikverlegerverbandes, den BACH-Preis Hamburg, den Kulturpreis Köln, und 2001 den POLAR MUSIC PRIZE mit der Laudatio: “Karlheinz Stockhausen erhält den Polar Music Prize des Jahres 2001 für die Karriere eines Komponisten, die durch makellose Integrität und nie endende Kreativität gekennzeichnet ist, und dafür, daß er seit 50 Jahren an der vordersten Front der musikalischen Entwicklung gestanden hat.”


Benjamin Kobler

Benjamin Kobler wurde 1973 in München geboren und wuchs in der inspirierenden Atmosphäre einer Theater- und Musikerfamilie auf. Im Alter von 5 Jahren erhielt er den ersten Klavierunterricht, später lernte er auch Cello und bekam Kompositions- und Dirigierstunden.

Zu seinen prägendsten und einflussreichsten Klavierlehrern zählen Carmen Piazzini und Pierre-Laurent Aimard. Neben dem Konzertexamen im Fach Klavier studierte er Neue Kammermusik mit Peter Eötvös. Zu den Höhepunkten seiner bisherigen Konzertlaufbahn gehören Auftritte in der Carnegie Hall, New York und als Solist mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle.

1995 begann er mit dem Ensemble Modern zusammenzuarbeiten, seit 2007 ist er allerdings festes Mitglied bei der musikFabrik und kommt daher leicht in Kontakt mit so unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten wie György Kurtag, György Ligeti, Steve Reich und Zoltan Kocsis. Benjamin Kobler spielte Uraufführungen von Vykintas Baltakas, Nikolaus Brass, Orm Finnendahl, Enno Poppe, Henri Pousseur und Karlheinz Stockhausen. Benjamin Kobler arbeitete zehn Jahre lang intensiv mit Karlheinz Stockhausen zusammen und ist Widmungsträger seiner letzten Klaviersolostücke (NATÜRLICHE DAUERN). Seit 2003 lehrt er als Dozent der Klavier-Klasse bei den Stockhausen-Kursen in Kürten.

Über die Lehrtätigkeit bei den Stockhausen-Kursen hinaus gibt er seine Erfahrungen auch an verschiedenen Musikhochschulen weiter. Er ist gern gesehener Gast bei vielen internationalen Festivals

Die Entscheidung für die Neue Musik fiel ihm nach Wanderjahren durch den Jazz, die Klassik und die Oper recht leicht, denn ihn treibt bis heute die Frage um, wie es möglich ist, dass Musik Menschen emotional berührt. Am ehesten kommt er einer Antwort auf die Spur, wenn er die Musik nicht nur selbst spielt, sondern auch ihre Komponisten dazu befragen kann, sich von ihnen etwas vorsingen läßt und sie ihm zeigen, was sie meinen, da durch die Noten ja immer nur ein Teil des Werkes vermittelt werden kann.

Für die Zukunft wünscht er sich, dass er neben der Neuen Musik auch das klassische Repertoire eines Pianisten weiterhin pflegen kann.


Michael Pattmann

Michael Pattmann absolvierte an der Essener Folkwanghochschule die Soloklasse für Schlagzeug und studierte an der Musikhochschule Köln Kammermusik bei Peter Eötvös. Den Schwerpunkt seiner Arbeit bildet die Interpretation zeitgenössischer Musik.
Er konzertiert als Solist sowie in Kammerensemble und Orchestern; spielt Theater- sowie musiken zu modernem Tanz und Film, improvisiert, konzipiert und bedient elektronische Instrumente. Michael Pattmann ist Gast in zahlreichen europäischen Ländern und produziert Tonträger, Mitschnitte und Aufzeichnungen bei Rundfunk- und Fernsehanstalten.

Er ist seit 1998 Schlagzeuger im oh ton-ensemble Oldenburg, Gründungsmitglied bei e-mex in Köln und dem ensemble apostrophe für Elektronik, Posaune und Schlagzeug, von 2004 bis 2008 Interpret beim ensemble linea in Straßburg, außerdem ist er künstlerischer Leiter des mp6-multipercussion-ensemble. Michael Pattmann ist Professor an der Folkwanghochschule in Essen und leitete außerdem von 2001 bis 2004 die Schlagzeugklasse bei den Stockhausen-Tagen in Kürten.


Bryan Wolf

wurde 1960 in Michigan / USA geboren. Er studiert dort Kirchenmusik und Komposition und ab 1987-1992 Komposition und elektronische Musik an der Stuttgarter Musikhochschule bei Milko Kelemen und Erhard Karkoschka. Als Komponist, Klangregisseur und Spezialist für Live-Elektronik kommt er einer vielseitigen Konzert- und Produktionstätigkeit in Europa, Nordamerika, Fernost und Südafrika nach. Sein Werksverzeichnis umfasst Ensemble- und Solokompositionen, Kompositionen für Soloinstrument mit Live-Elektronik oder Tonband, sowie Vokalwerke und zahlreiche Tonbandstücke. Seine künstlierische Arbeiten umfassen auch Raumklanginstallationen und multimediale Arbeiten (Internet, Video, CD-ROM). Er hatte zahlreiche Auftritte mit namhaften Orchestern und Solisten sowie bei internationalen Festivals, und war regelmäßiger Gast bei der Staatsoper Stuttgart. Seine Arbeit als Klangregisseur und Spezialisten für Live-Elektronik hat zu Zusammenarbeit mit namhaften Dirigenten, Ensembles uns Solisten geführt
Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet Bryan Wolf mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen. Die erste Begegnung erfolgte im Jahr 1989; von 1998 bis zu seinem Tode 2007 war er Stockhausens persönlicher Klangregieassistent. Unter seiner Leitung haben wichtige Aufführungen elektroakustischer Werke Karlheinz Stockhausens stattgefunden.

Bryan Wolf hält regelmäßig Vorträge und Workshops weltweit und leitet den Klangregiekurs bei den Stockhausen-Kurse Kürten seit 2008; seit 1992 ist mit der Hochschule Pforzheim verbunden und leitet das dortige Audiolabor.

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